peter rühmkorf (1929 – 2008)
Die Zusammenarbeit von Peter Rühmkorf, Andreas Schilling und mir hat ihren Ursprung in einer Live-Veranstaltung zur Litcologne 2001. Die Veranstalter fragten uns als Kölner Komponisten und Musiker, ob wir den Dichter bei einer Lesung im Sendesaal des WDR begleiten könnten. Rühmkorfs Auftritte aus den sechziger Jahren, in denen er seine Lyrik von Jazzmusikern wie Johnny Griffin, Albert Mangelsdorf oder Charly Haden begleiten ließ, waren noch in guter Erinnerung und legten es nahe, diese Veranstaltung mit improvisierter Musik zu kombinieren.
Andreas und ich hatten natürlich schon oft gemeinsam improvisiert, und es gab auch CD-Veröffentlichungen davon. Allerdings waren das keine Jazz-Improvisationen sondern eher experimentelle ad-hoc-Kompositionen. Diese kamen den Wünschen des Dichters nach zeitgemäßeren Ausdrucksformen entgegen; es sollte eben nicht wie damals klingen. „... am besten überschaubare, in sich geschlossene Piècen, auch Capriccios wären nicht unwillkommen.“
Man traf sich also in Köln und die Lesung wurde ein großer Erfolg: Wir komponierten ad hoc auf Flügel, Kontrabass, Kinderklavier und Hohner-Örgelchen. Peter Rühmkorf war begeistert und lief zu rezitatorischer Höchstform auf, der WDR sendete ungeschnitten. Dies war der Anfang einer produktiven Freundschaft, deren letztes Arbeitsergebnis die CD »Früher, als wir die großen Ströme noch ...« ist.
Zunächst rezitierte Rühmkorf eine Auswahl seiner Gedichte im Studio auf Band. Dazu entstand dann unsere Musik sorgfältig „maßgeschneidert“ um die Lyrik herum-, darunter- und daraufkomponiert. Das Instrumentarium beschränkt sich auf Klavier, Kontrabass und Schlagzeug (das klassische Jazz-Trio!), diese werden jedoch im erweiterten Sinne als Klangquelle eingesetzt und damit von den Fesseln ihrer Spielbarkeit befreit: So wurden etwa Metallgeräusche aus dem Inneren des Flügels aufgenommen, die Aufnahmen dann im Computer „zerschnipselt“, die Schnipsel rhythmisiert, Flageolet-Töne vom Kontrabass mehrstimmig darüber montiert, u.s.w.
Wichtig war dem Dichter, dass die Musik gleichberechtigt zu den Texten bestehen kann, wie eine "klassische" Gedichtvertonung mit den neuesten technischen Studiomöglichkeiten; vor allem aber sollte viel Raum für die Atmosphäre der Stücke vorhanden sein und keine Text-an-Text-Aufreihung entstehen.
So kam es anschließend an die Litcologne 2001 zu mehreren fruchtbaren und gut gelaunten Zusammenarbeiten und einem freundschaftlichen Kontakt bis zu Peters Tod im Jahr 2008.